Die ersten Tage

Die ersten zwei Wochen auf dem afrikanischen Kontinent sind bereits vorüber und ich komme jetzt, tatsächlich viel später als geplant, zu meinem ersten richtigen Blogeintrag. Bereits am ersten Tag in Berlin zeigte uns Bendix die Schule, an der er zusammen mit Ronja, das letzte Jahr gearbeitet hat. Also machten wir uns voller Vorfreude und Euphorie auf den Weg zur Nkosinathi Primary School. Nach ca. zwölf Minuten Fußweg, der mit einem Trampelpfad direkt vor der Schule endet, konnten wir unser Ziel erreichen. Da es bereits nach Schulschluss war, befanden sich kaum Kinder auf dem Schulgelände. Allerdings konnten wir direkt unseren Schulleiter Mr. Mnweba kennenlernen, welcher uns sehr freundlich, aber vielleicht etwas gestresst in Empfang genommen hat. Die Schule ist schon von außen ganz anders im Vergleich zu den meisten deutschen Schulen. Hier lassen sich die einzelnen Klassen nur über den in der Mitte befindlichen Pausenhof erreichen. Nachdem uns Bendix die Räumlichkeiten grob gezeigt hatte, konnten wir auf dem Rückweg die ersten Einkäufe im Lebensmittelmarkt tätigen und Geld in Rand abheben. Tatsächlich gab es dort auch WLAN, sodass wir unseren Familien die erfolgreiche Ankunft mitteilen konnten. Am Folgetag nahmen uns Ronja und Bendix nochmal mit zu unserem zukünftigen Arbeitsplatz, doch diesmal während der Schulzeit. So konnten wir direkt alle Lehrer kennenlernen und wurden direkt sehr freundlich und warmherzig aufgenommen. Am Schluss der Begrüßung haben wir alle zusammen gebetet. Es fällt auf, dass der Glaube hier einen höheren Stellenwert hat, wie ich es aus Deutschland kenne. Jetzt durften wir uns bei den Klassen vorstellen. Wir haben bei den ältesten Klassen angefangen. Grade 7 hat uns freundlich begrüßt, aber wusste nicht wirklich viel mit uns anzufangen. Grade 6 klatschte und jeder wollte einem die Hand geben. Ab Grade 5 ist man nicht mehr in die Klasse gekommen, da uns jeder umarmen und begrüßen wollte. Eine sehr schöne Erfahrung, so freundlich empfangen zu werden!  

 

Da die Vorfreiwilligen nach einem Jahr gerade ihre letzten Tage an den Schulen verbrachten, wollten sie uns verständlicher Weise nicht öfter dabei haben. Man merkt sehr schnell das sie dieses Land, ihre Schule, die Kinder, usw. in ihr Herz geschlossen haben. Natürlich freut sich jeder auf seine Familie und Freunde, die in Deutschland warten, trotzdem sind es wohl sehr emotionale letzte Tage. Deshalb nutzte ich die Zeit um etwas Schlaf nachzuholen, Sport, kochen und wertvolle Gespräche mit den Vorfreiwilligen zu führen.

 

Da unser Schultag erst um 12 Uhr beginnt, besuchen wir morgens die preschool. Erstmals am Freitag , zwei Tage nach Ankunft in Berlin. Die Kinder dort sind zwischen 5 und 6 Jahre und wirklich sehr süß. Wir unterstützen die Lehrer vor Ort und spielen in den Pausen mit den Kids auf dem Klettergerüst oder in der dargestellten Tankstelle. Die Kinder freuen sich immer riesig, wenn man Zeit mit ihnen verbringt. Die Kinder singen, beten, malen und spielen jeden Tag zusammen. Ich bin fasziniert wie die Lehrerin ihre Kinder zu 100% im Griff hat und immer die richtigen Worte findet. 

 

Am Freitagabend hatten wir zum ersten mal die Wohnung für uns, da die Vorfreiwilligen in East London unterwegs waren. Nachdem wir zusammen gekocht und gegessen hatten, ließen wir den Abend bei einer gemütlichen Runde UNO ausklingen. Man merkt erstmals wie ruhig es eigentlich zu 6. in der Wohnung ist. Bei einem overlap (Überschneidung des Aufenthalts mit den Vorfreiwilligen) bekommt man echt sehr schnell viele wichtige Informationen. Trotzdem wollten wir in diesem Moment am liebsten direkt unsere Zimmer beziehen und mit dem Schulunterricht starten. Doch wir mussten uns noch ein paar Tage gedulden.

 

Am Dienstag durfte ich mir zusammen mit Finja und Lauritz das letzte Training von Ronjas Ultimate-Projekt ansehen. Man muss wissen, dass hier in Südafrika die meisten Sportmannschaften über die Schule laufen und es nicht so viele Sportvereine gibt. Daher üben viele Schüler nach der Schule eine Sportart, an einem von uns organisierten Nachmittagsprojekt, aus. Ich hatte bereits im Voraus mit Ronja über ihr Ultimate Projekt gesprochen. Von den neuen Freiwilligen kannte den Sport keiner, deshalb hat sie das Projekt an einen Local abgegeben, der zusammen mit uns das Training mit dieser Mannschaft fortsetzt. Sein Name ist Siya. Das ist für uns die perfekte Möglichkeit, manches abzuschauen und uns zu überlegen, wie wir unsere anderen Projekte aufziehen wollen. Ich habe schon große Pläne, aber dazu später mehr. Nachdem wir ein echt geiles Training hatten, war auch ich Feuer und Flamme, das Projekt weiterzuführen.

 

Am Mittwochmorgen war es nun endlich soweit. Nils brachte die ab diesem Zeitpunkt ehemaligen Freiwilligen zum Flughafen, während ich mit Lotta unseren ersten eigenständigen Tag an der preschool hatte. Eigentlich hätten wir jetzt unsere Zimmer beziehen können. Doch wir haben ein paar Tage vorher erfahren, dass die zwei Doppelzimmer mit Bettwanzen befallen sind. So sind nur Nils und Lotta in ihre Zimmer gezogen und der Rest schlief weiterhin am Boden in unserem Billiardzimmer. Wir informierten Brett, unseren Projektmanager in Südafrika. Dieser organisierte für die folgende Woche einen Kammerjäger. Also nur noch ein paar Tage auf dem Boden schlafen... dachten wir zumindest! In der folgenden Nacht erhielten auch die ersten zwei Mädels Stiche von den Bettwanzen. So langsam wurde uns bewusst, dass es ein größerer Aufwand ist, den Befall los zu werden. 

 

Zeitgleich verbrachten wir nun auch unsere ersten Tage an unserer Schule. Am Anfang mussten viele Absprachen mit dem Schulleiter getroffen werden. Wir haben dort auch unsere ersten Erfahrungen mit der bekannten "african time" gemacht. Hier bedeutet "gleich" nicht unbedingt "sofort". In dieser Woche haben wir leider keine Klasse für den Sportunterricht bekommen und waren eher mit der Suche des richtigen Schlüssels für bestimmte Räume, Aufräumen des Stauraums für Sportmaterialien oder der Beaufsichtigung eines Rugby-Turniers zuständig. Danach konnten wir ins wohlverdiente Wochenende gehen. 

 

Dies haben wir spontan in der WG der anderen Freiwilligen des ASCs in East London verbracht. Es ist ganz angenehm seine ersten Erfahrungen mit Leuten auszutauschen, die sich in der gleichen Situation befinden. 

 

Am Montag konnten wir dann tatsächlich unseren ersten Sportunterricht halten. Man muss wissen, dass die Klassen an unserer Schule meistens ca. 70 Schüler umfassen. Deshalb muss man es manchmal auch einfach akzeptieren wenn manche Leute nicht mit auf das Sportfeld kommen oder nicht mitlaufen. Nach einem kleinen Warm-up und eine paar Liniensprints ist uns aufgefallen, dass es echt schwierig ist, bestimmte Übungen zu erklären, da das Englisch der Schüler wirklich nicht besonders gut ist. Nachdem wir alles gezeigt haben, hat es dann aber meistens geklappt. Der Rest der Sportstunde wurde mit Fußball und Netball gefüllt. 

 

Am Dienstag war Kammerjägertag. Nachdem diese die ganze Wohnung mit Pestiziden eingesprüht haben, um diese lästigen Bettwanzen loszuwerden, wollten wir die Zeit sinnvoll nutzen und nach East London fahren, um unsere Wäsche zu waschen. Allerdings meinten die Spezialisten die Kleidung muss in der Wohnung bleiben, damit die Tiere in den Klamotten auch sterben. Da wir die Wohnung danach vier Stunden nicht betreten durften, wollten wir uns trotzdem in East London die Zeit vertreiben. Dies hätte natürlich das Finden des Autoschlüssel vorausgesetzt. Nach einer Stunde und der Überlegung, das Auto zu überbrücken, kamen Lauritz und Lotta aus der preschool wieder. Zu aller Überraschung mit Autoschlüssel. 

 

Nach dem Aufenthalt in EL startet das erste Ultimate Training ohne Ronja an der Nkosinathi. Da ich nicht genau wusste, wer in der Mannschaft spielt,  bat ich einfach zwei von den Älteren, die Mannschaft nachmittags auf dem Spielfeld zusammen zu trommeln. Das hat tatsächlich erstaunlich gut funktioniert und das Training war echt nice! 

Danach sind Lauritz und ich mit Siya zu einer nahe gelegenen Universität gefahren. Dort hat Siya seine eigene Mannschaft zusammengestellt. So konnten wir eine weitere Trainingseinheit mit vielen Studenten genießen. Diese nehmen das Training ernst, aber haben trotzdem den größten Spaß dabei und feuern sich gegenseitig an. Geiler teamspirit! Wir haben richtig unseren Gefallen an dem Sport gefunden! Lauritz und ich werden jetzt öfter mit Siya an dieser Uni trainieren. 

 

Nach dem Training sind wir völlig fertig nach Hause gekommen, aber waren voller Vorfreude, nun endlich unser Zimmer beziehen zu können. Doch die gute Laune wurde uns schnell genommen, als Lotta lebendige Wanzen auf ihrem Bett entdeckt hat. Eine große Enttäuschung! Ich war echt froh, bisher von den Stichen verschont zu bleiben. Trotzdem empfinde ich es als große Zumutung, die Unterbringung mit diesen blutsaugenden Monstern zu teilen. Wir wussten nicht mehr weiter. Was sollten wir noch machen? Ohne eine Antwort auf diese Frage geht der Alltag weiter...

 

Mit der preschool hat sich inzwischen alles ganz gut eingespielt. Es ist im Vergleich relativ einfach. Die Kindern sind gut gelaunt und man braucht kein ausgefeiltes Sportprogramm. In der Schule ist auch viel los, da es die letzte Woche vor den Ferien ist. Am Donnerstag bekommen die Schüler ihre Zeugnisse und danach kommt eigentlich keiner mehr zur Schule, obwohl noch keine Ferien sind. Am Mittwoch hatte schon keine Klasse mehr wirklich Unterricht und wir haben mit allen Schülern, die Lust hatten, ein paar Sportspiele gespielt. Also haben wir "where is the fire in the mountain", "who is scared of the lion", "open the gate" und "rocks/river" ausprobiert. Der erste Schultag, der richtig viel Spaß gemacht hat! 

Als wir am Donnerstagmittag zur Schule gingen, kamen uns schon viele Schüler mit ihren Zeugnissen entgegen und begrüßten uns schon aus weiter Ferne freundlich. Vor Ort stellten wir fest, dass kein Schüler mehr da ist. Somit war auch das angesetzte Ultimate Training gecancelt. Mr. Mnweba meinte am Mittwoch schon, dass am Freitag eigentlich kein Unterricht stattfindet und wir Zuhause bleiben können. Also haben wir jetzt bis zum 1.10 Ferien. Ferien! Nach drei Jahren Ausbildung mit 30 Tagen Urlaub im Jahr habe ich Ferien wirklich vermisst. 

 

Zum Ferienauftakt fuhren wir wieder zu den Freiwilligen aus EL um dort anzustoßen und die Nacht zu verbringen. Leider musst ich am nächsten Morgen zehn Bettwanzenstiche an meinen Körper feststellen. Nun hat es mich also auch erwischt. Ich hab meine Matratze nach draußen gebracht und fand darunter fünf, mit vermutlich meinem Blut in sich,  lebende Bettwanzen. Wir mussten den Bereich gründlich reinigen, um einen Befall in dieser WG auszuschließen. Sicherheitshalber haben die Freiwilligen aus EL alles gewaschen. Absolut alles! Ich hoffe nur, dass sie verschont bleiben und ich die Parasiten nicht verschleppt habe. Zwischenzeitlich habe ich Finja ins Krankenhaus gebracht, da sie wegen den Pestiziden ernsthafte Atemwegsprobleme hatte. An dieser Stelle gute Besserung und hoffentlich werden wir diese Biester bald los. Nächste Woche Montag wollen wir nach Coffee Bay. Allerdings müssen wir uns noch genau überlegen, wie wir das machen, ohne die Bettwanzen zu verschleppen.